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MAINfeeling Frühling 2022

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Das Lifestyle-Magazin für Rhein-Main

DIE GLOBALE Das Haus der

DIE GLOBALE Das Haus der Jugend ist so etwas wie die gelebte Utopie des Frankfurter Multi-Kulti-Gedankens. Über vierzig Prozent der Gäste kommen aus dem Ausland in die vermutlich internationalste unter Deutschlands Jugendherbergen. Und ganz sicher ist sie mit 395 Betten eine der größten weltweit. Hier übernachten afrikanische Messegäste, amerikanische Rucksacktouristen, dänische Musiker, Koreaner, Chilenen, Japaner, Schulklassen, Familien, Paare, Chöre, Jugendverbände. In Einzel- bis Sechsbettzimmern mit DU / WC. Und das in zentraler Mainuferlage für immer noch kleines Geld. Vorausgesetzt, man besitzt einen Jugendherbergsausweis – zwischen 29,70 Euro im Mehrbett- und 52,70 Euro im Einzelzimmer inklusive Frühstück kostet die Übernachtung (über 27-jährige zahlen 5 Euro Aufschlag). Für sensationelle 7,20 Euro erhält man ein Mittagoder Abendessen. Bis zu 100 000 Übernachtungen pro Jahr zählt das Haus. Gewöhnlich. „In der Pandemie waren es bloß ca. 16 Prozent der üblichen Übernachtungszahlen“, so Dr. Claudia Müller. Seit fast 15 Jahren leitet sie das Haus und hofft, dass es mit den Lockerungen bald wieder zu alter Form aufläuft. Wenn es wie in einem Bienenstock summt und brummt vor lauter jugendlicher Energie. Wenn an lauen Sommerabenden alle Balkone voller Menschen stehen, die sich austauschen, kennenlernen und auch im lauschigen Innenhof internationale Beziehungen geknüpft und gepflegt werden. Wenn das ganze Haus „von Musik erfüllt ist und man manchmal in diesem Vibrato des prallen Lebens auch so einen Moment fast spiritueller Ergriffenheit erfährt“. Wir haben hier teilweise auch freikirchliche Gruppen und wenn dann dreihundert Menschen in unserem großen Saal singen, das ist schon etwas sehr Besonderes. „Besonders ist auch, dass sich hier Frankfurt- Besucher und Einheimische begegnen. Das Haus ist auch Tagungsstätte, verfügt über große Säle und Seminarräume. Betrieben wird es von einem stadt nahen Verein – der in den 1920er Jahren gegründet wurde und die erste Jugendherberge in der Hansa-Allee gebaut hat.“ Damals noch auf der grünen Wiese vor den Toren der Stadt. „In den 1930er Jahren wurde die Herberge von den Nationalsozialisten konfisziert und nach Kriegsende von den Amerikanern als Verwaltungsgebäude genutzt.“ Deshalb hat die Stadt das Gelände hier am Main zur Verfügung gestellt und der Verein hat es bebaut. Solange er hier eine Jugendherberge betreibt, darf es weiterhin genutzt werden. „Vorsitzende des Vereins ist übrigens qua Amt die Sozialdezernentin. Was die Gäste besonders an Frankfurt interessiert? „Weniger die Museen, als alles, was mit Banken, Börse und Finanzen zu tun hat.“ Und was den Besuchern im Haus wichtig ist? „Was früher die Postkarte, das ist heute Social- Media – deshalb muss vor allem das WLAN funktionieren, auch, damit man sein Erleben nach außen mitteilen kann.“ Haus der Jugend, Deutschherrnufer 12, www.jugendherberge-frankfurt. de

PORTRÄT 22 | 23 DER VERBINDLICHE In Frankfurt geht der Trend zum One-Night- Stand. Gerade einmal 1,74 Tage beträgt die durchschnittliche Verweildauer von Reisenden im Hotel. Eine Entwicklung, der das Lindley Lindenberg im Ostend mit einem ganz besonderen Konzept die Stirn bieten will. „Wir möchten den Gemeinschaftsgeist wiederbeleben, Begegnungen ermöglichen“, so Nils Jansen, Managing Director. Tatsächlich verfügt das 100-Zimmer- Haus in der Lindley-Straße über alle Verlockungen, die es für eine Langzeitbeziehung braucht: enormes psychologisches Fingerspitzengefühl, bemerkenswerte Geschmackssicherheit und eine äußerst klug durchdachte Choreographie: „Unsere Zimmer sind ‚nur‘ 16 Quadratmeter groß und als eine Art Begegnungs-Intensitäts-Regler gedacht. Hier soll vor allem Wohlfühlen stattfinden und Rückzug.“ Für alles andere gibt es eine Gemeinschaftsküche, Work-Spaces und Wohn- Zimmer. Das vegane Restaurant Leuchtendroter, ein Café, eine Backstube, eine Bar, ein Kino, sogar ein Tonstudio. Selbstverständlich Hotel-Service, 24-Stunden-Rezeption, Wäscheservice, Zimmerreinigung. Man könnte auch sagen: Das Lindley Lindenberg vereint ab 1 400 Euro im Monat alle Vorzüge von Wohngemeinschaften und schließt dabei sämtliche Nachteile aus. Selbstverständlich können Gäste auch Gäste beherbergen, kann man auch bloß eine oder zwei Nächte bleiben. Das ist allerdings vielen zu wenig. Sogar Corona hat das Haus deshalb nicht allzu sehr aus dem Konzept gebracht. Im Gegenteil. „Manche wohnen seit Anfang der Pandemie bei uns.“ Und genossen den strategischen Vorteil, auch dann noch in Gesellschaft essen und wohnen zu können, wo andernorts nichts mehr möglich war. Die Pandemie habe das Gästekollektiv eher noch zusammengeschweißt, sagt Nils Jansen und auch, wie das Gästekollektiv mit einer Frischzellenkur be - dacht wurde. „Wir haben das Künstlerkollektiv ins Leben gerufen, haben etwa Musiker, Autoren oder auch einen Studierenden des Städel ins Haus geholt, die hier eine Weile umsonst wohnen konnten. Einfach aus der Idee heraus, dass nicht nur die Hotellerie, sondern auch Kulturschaffende durch Corona sehr gebeutelt waren.“ Klar, sagt Nils Jansen, könne man ein Kollektiv nicht erzwingen. Aber man kann den Kosmos für die Begegnung von Menschen größer machen – damit sie am Ende nicht nur andere, sondern vielleicht auch sich selbst einmal ganz neu kennenlernen. Lindley Lindenberg, Lindleystraße 17, www.das-lindenberg.de