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MAINfeeling Winter 2022

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„ICH MACHE NICHT

„ICH MACHE NICHT DIESEN JOB, ICH LEBE IHN“

STORY 23 MEHRERE FERNSEHFORMATE HABEN IHN IN SEINEM HERAUSFORDERNDEN BERUFSALLTAG BEGLEITET, UND AUCH ALS „RETTFLUENCER“ IST ER VORBILD: CHRISTOPH GRÜNE, NOTFALLSANITÄTER AUS ÜBER- ZEUGUNG, WEISS UM SEINE VERANTWORTUNG. Von Stephanie Kreuzer ← Rund 35 Rettungswagen verschiedener Träger sind in Frankfurt unterwegs; ausgerüstet mit allen Geräten und Medikamenten, die für einen Patienten auf dem Weg in die Klinik notwendig sind. Foto: Jonas Ratermann Jeder Mensch hat seine Geschichte, und ich behandle alle gleich“, so eines seiner Credos. Gerade das breite Spektrum an Menschen in Frankfurt fasziniert ihn und wird er wohl auch ein wenig vermissen, wenn er künftig nur noch sporadisch hier tätig ist. Denn Christoph Grüne ist gerade umgezogen, in die Nähe von Göttingen, der Heimat seiner Frau, wo sich nun auch zwei Hunde und eine Katze heimisch fühlen werden. Mit einem Dreiseitenhof, den beide renovieren, haben sie sich einen Traum erfüllt. Etwas, womit sich der 43-jährige Notfallsanitäter auskennt, denn sein Weg in den Traumberuf lief alles andere als geradlinig. Aufgewachsen im Sauerland, engagierte er sich lange bei der DLRG: „Da hatte ich regelmäßig Wachdienste am Biggesee, was mir auch sehr viel Spaß gemacht hat, aber das war mir noch zu wenig ‚medizinisch‘.“ Denn wirklich fasziniert war er vom Rettungsdienst, „aber nicht wegen des Blaulichts, sondern weil ich einfach wusste, dass genau das etwas für mich ist“. Zu dieser Zeit musste allerdings die Ausbildung – damals noch zum Rettungsassistent – voll finanziert werden, was sich Grünes Eltern nicht leisten konnten. Unterkriegen ließ er sich von diesem Rückschlag jedenfalls nicht, und sein Drang, Menschen zu helfen, führte ihn für zwei Jahre nach Ungarn und Rumänien. Dort unterstützte er u.a. bei der Renovierung eines Kinderheims. Zurück in Deutschland absolvierte er eine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel, doch Jahre später kostete ihn die Wirtschaftskrise den Job, worauf ein paar Jahre in der Gastronomie folgten. Der Besuch beim Arbeitsamt schließlich sollte sich als glückliche Fügung herausstellen: „Als mir eine Umschulung angeboten wurde, brachte ich den Rettungsdienst ins Spiel.“ Mit Arbeitslosengeld II dann während der Ausbildung über die Runden zu kommen, war für den damals 29-Jährigen zwar extrem schwierig, „aber wenn man an Träume glaubt und alles dafür tut, dann kann man sein Ziel auch erreichen“, resümiert er. 2011 trat er schließlich in Frankfurt seine erste Stelle beim DRK an, und seit 2017 ist er für den ASB tätig, überwiegend auf seiner Stammwache am Eschenheimer Tor. Hier ist das Bahnhofsviertel mit all den glitzernden wie schockierenden Facetten und ebenso unterschiedlichen Menschen nicht weit. GERADE IM UMGANG MIT OBDACHLOSEN DARF MAN NICHT ABSTUMPFEN Speziell denjenigen am unteren Rand der Gesellschaft gilt seit jeher Grünes besonderer Augenmerk, und er pflegt einen sowohl mitfühlenden wie auch zupackenden Umgang: „Junkies sind mir oft die liebsten Patienten, denn sie sind meistens ehrlich, offen und dankbar. Diese Lektionen in Sachen Menschlichkeit versuche ich auch meinen Teampartnern zu vermitteln, wenn doch mal jemand von einem unserer Klienten genervt sein sollte. Denn grundsätzlich ist für mich jeder Mensch gleich, und jeder verdient meine ganze Aufmerksamkeit. Ich habe auch schon in den Bankentürmen irgendwelche Vorstände behandelt, wo deren Mitarbeiter mich dann ‚Sie wissen schon, wer das ist?‘ fragten und anscheinend eine besondere Vorgehensweise erwarteten. Aber sowas ist mir völlig egal.“ Und so kann er im Krankenhaus durchaus giftig werden und klare Worte finden, wenn das Personal sich abfällig über Obdachlose oder Junkies äußert.